Ansprache (Johannes Baumann) Liebe Frau Gutbrod, 41 Jahre, von 1932 bis 1973 hat Herr Gutbrod zunächst als Lehrer, dann als Schul- und Internatsleiter am KI gewirkt. So wie Ziegler und KI einmal eine Einheit waren, so hat Herr Gutbrod das Gymnasium Wilhelmsdorf und die Inernate, Burg, Palas, auch das Zinze, geprägt und verkörpert. Das heutige Gymnasium – auch wenn es die Internate, ein Teil des Lebenswerkes von Herrn Gutbrod, nicht mehr gibt – und die Realschule verdanken Herrn Gutbrod sehr viel. Er war es, dem es Ende der 60er-Jahre gelang, nachdem am Gymnasium bereits ein Realschulzweig geführt wurde, eine eigene Realschule in Wilhelmsdorf anzusiedeln. Und auch der Auf- und Ausbau zum Vollgymnasium in Wilhelmsdorf trägt seine Handschrift. Aus der schulischen Arbeit heraus hat Herr Gutbrod, wie wir gehört haben, seine zahlreichen Ämter und Verpflichtungen in der Ortschaft, der Gemeinde, der Brüdergemeinde und den Zieglerschen Anstalten und im Evangelischen Schulbund wahrgenommen, die ihn weit über das KI hinaus zu einer prägenden und auch einflussreichen und immer wieder Einfluss nehmenden Persönlichkeit gemacht haben. Wir neigen alle dazu, Herrn Gutbrods Wirken von der Seite, die wir erlebt haben, wahrzunehmen und übersehen dabei, mit welcher Präsenz – und das ist ein schier unglaubliches Phänomen – er in den verschiedensten Tätigkeitsfeldern aktiv war. In seinen 41 Dienstjahren hatte Herr Gutbrod es mit unterschiedlichen Generationen von Schülerinnen und Schülern zu tun. Die Fragestellungen, Sorgen und Herausforderungen
der ersten Nachkriegsjahre waren völlig andere als etwa Ende der 60er-Jahre und Anfang der 70er-Jahre. Als Nach-Nach-Folger im Amt haben sich im Laufe der Jahre zahlreiche Kontakte zu ehemaligen Schülerinnen und Schülern ergeben aus der Ära Gutbrod. Es ist bis heute
beeindruckend zu erleben, in welch hohem Maße sie ihrem alten Chef Verehrung entgegen bringen. Nach und nach erschließt sich das Geheimnis dieser Verehrung etwas. Dass Herr Gutbrod als Schul- und Internatsleiter sein Leben mit
den Schülern geteilt hat, spielt hier eine große Rolle. Vom Wecken bis zum Ins-Bett-gehen lebte er mit den Schülern zusammen; die Wohnung war nicht abgeschlossen. Er hatte darüber hinaus einen Blick für die einzelnen Schüler,
ein Gespür für ihr Ergehen. Er wusste, wann einer härter heranzunehmen war und wann mehr Freiheit zu gewähren war. Auch wenn er als Chef die Regeln verkörpern musste. Eine ehemalige Schülerin hat es in einem Brief, der uns
gestern erreichte, so ausgedrückt: „Ich empfand seine Art des Umgangs stets als warmherzig und irgendwie ‚frech‘, das mochte ich sehr. Er war ein Lehrer-Urgestein, ein eigensinniger Charakterkopf und ich habe ihn als
klugen und liebenswerten Menschen kennen gelernt.“ So lange es ihm möglich war, hat Herr Gutbrod Jahr für Jahr in seinem Ruhestand die Schulanfangs- gottesdienste besucht und damit nicht nur seine Verbundenheit zum Ausdruck
gebracht. Es war mehr. Hier zeigte sich, dass für ihn Schule, Arbeit, Beruf und gelebter Glaube eine Einheit sein sollten. Hier – und jeden Sonntag – stellte er sich selbst unter das Wort. Und bei aller Weite und
Offenherzigkeit, die ihm als gutem Pädagogen zu eigen waren, zeigt sich hier schön, dass es darauf ankommt, alles, was wir tun, vor Gott zu tun. Herr Abteilungsdirektor Gugel und auch sein soeben in den Ruhestand getretener Vorgänger, Herr Fecker, haben mich gebeten, Ihnen, Frau Gutbrod, und der ganzen Familie die Grüße und die Anteilnahme des Oberschulamtes Tübingen auszusprechen. Persönlich und als Vertreter des Gymnasiums Wilhelmsdorf wünsche ich Ihnen, liebe Frau Gutbrod, und der ganzen Familie, den Schmerz des Verlustes zu ertragen und auch über ihn hinwegzukommen. Uns allen wünsche ich, dass dankbare und getröstete Erinnerung uns erfüllt.
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